Pädagogik

Ich helfe nur ein ganz klein wenig nach“, mit dieser Einstellung kommt man dem Kind zur Hilfe und reicht ihm die Hand, damit das Aufstehen leichter gelingt. Diese Hilfe aber raubt dem Kind die Freude am selbstständigen Gelingen, raubt ihm das Gefühl seiner Wirksamkeit.

Emmi Pikler

Emmi Pikler

Der Verdienst der ungarischen Kinderärztin Emmi Pikler (1902-1984) für die Kleinkindpädagogik liegt darin, dass sie grundlegende Praktiken erarbeitete, die es ermöglichen, dass sich ein Kleinkind auch in außerfamiliärer Betreuung zu einer emotional gesunden und aktiven Persönlichkeit entwickeln kann. Zu den wichtigsten Aspekten gehören die Bedeutung der autonomen Bewegungsentwicklung, der selbstständigen Betätigung im freien Spiel, sowie die Wichtigkeit einer beziehungsvollen Pflege auf der Grundlage, jedes Kind als eigenständige Person anzuerkennen und es ihm zu ermöglichen, sich in eigenem Tempo im Bewusstsein seiner selbst und seiner Umgebung zu entwickeln.

Emmi Pikler setzte all dies erfolgreich als Leiterin des Säuglings- und Kleinkinderheims „Lóczy“ bzw. Pikler-Institut seit 1945 in Budapest um und dokumentierte ihre Erkenntnisse in wissenschaftlicher Form.  Diese wissenschaftlich erarbeitete und bestätigte Praxis ist für den Bereich der außerfamiliären Kleinkindbetreuung einmalig und ermöglicht eine professionelle Arbeitsweise im Krippenbereich.

Unsere Umsetzung der Pikler-Pädagogik

Die autonome Bewegungsentwicklung und das freie Spiel unterstützen wir einerseits durch eine räumliche Trennung von Spiel- und Ess- bzw. Ankommensbereich mit Hilfe eines  Spielgitters, um den Kindern ein gefahrenfreies und ungestörtes Erkunden der Spiel- und Bewegungsmaterialien zu ermöglichen. Dieser Spielbereich ist zudem so gestaltet, dass er die Kinder durch vielfältige, entwicklungsentsprechende Spiel- und Bewegungsmaterialien wie Krabbelkiste, Kriechtunnel oder Kletterdreieck animiert, eigenständig tätig zu werden und sich autonom zu bewegen. Autonom bedeutet dabei, dass die Kinder alle Bewegungsabläufe selbständig vollbringen und nicht in eine Bewegungslage gebracht werden, die sie noch nicht einnehmen können oder wollen.

Das bedeutet, dass die PädagogInnen dem Kind nur helfen und es unterstützen, wenn es wirklich nötig ist. Es wird beispielsweise nicht hingesetzt, bevor es nicht sitzt. Die PädagogInnen üben nicht mit dem Kind zu laufen oder laufen an der Hand mit ihm die Treppe hinunter, bevor es dies selbst sicher beherrscht (die Kinder krabbeln dann die Treppe sicher hoch oder hinunter) etc. . Die erwachsene Person nimmt dabei eine innerlich begleitende und äußerlich zurückhaltende Haltung ein. Denn sie vertraut darauf, dass sich das Kind die Herausforderungen sucht, die es eigenständig bewältigen kann. Dadurch erleben Kinder Selbstwirksamkeit und lernen eigene (körperliche) Grenzen kennen. Selbstbewusstsein und Kompetenzerweiterung erwachsen daraus.  

Den Pflegesituationen, wozu wir das Wickeln, Anziehen, Waschen und das Begleiten beim Essen zählen, schenken wir große Beachtung. Diese nutzen wir, um die Beziehung zwischen Kind und Betreuerin aufzubauen und zu pflegen, indem wir diese mit ungeteilter Aufmerksamkeit, und in einer respektvollen Art (alle Handlungen werden dem Kind verbal angekündigt und begleitet) für das Kind als freudvoll gestalten und es zum eigenständigen Mittun einladen (selbst den Wickeltisch hochklettern, selbst die Windel öffnen/ schließen lassen etc.). Wenn das Kind diese beziehungsvolle Pflege durch den intensiven Kontakt mit der Pädagogin als befriedigend und selbstwirksam erlebt, gelingt es ihm leichter, sich im separaten Spielbereich eigentätig dem Spiel zu überlassen und schöpft aus diesem wiederum Bestätigung, Befriedigung und Kompetenzzuwachs.